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Arbeitsmuster Presseberichte

 

Depressionsbehandlung im Umbruch

Immer häufiger gewinnt Reboxetin den Vergleich mit SSRI

München. Die Einführung der SSRI (selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer) bedeutete einen wesentlichen Fortschritt in der Depressionstherapie. Nach Ansicht des renommierten britischen Psychiaters Prof. Dr. med. Stuart Montgomery steht jetzt eine mindestens gleichwertige Wende bevor: Mit der Entwicklung des ersten selektiven Noradrenalin-Wiederaufnahme-Hemmers Reboxetin (in Deutschland: Edronax ®) eröffnet sich nicht nur ein pharmakologisch völlig anderes Wirkprinzip. Bereits mehrere Studien zeigen, dass der neue Behandlungsansatz in verschiedenen Bereichen den SSRI sogar überlegen ist. Reboxetin eröffnet zudem erstmalig Möglichkeiten, bislang vernachlässigte Depressionssymptome (wie Müdigkeit, Energiemangel, Konzentrationsstörungen, sozialen Rückzug) zu bessern und – gegebenenfalls im Rahmen einer Kombinationstherapie - dem Ziel einer „Komplettremission“ immer näher zu kommen.

Wie Montgomery auf einer Pressekonferenz während des 13. ECNP-Kongresses in München erklärte, ist es ein Gerücht, dass nur SSRI mit Depressionen einhergehende Angst und Panik bessern. Dieser Effekt ist mit der rein noradrenerg wirkenden Substanz Reboxetin gleichermaßen zu erzielen. So verringerte Reboxetin in einer Vergleichsstudie gegen Fluoxetin die Angst der Patienten mindestens genau so gut wie Fluoxetin. Während aber Fluoxetin seine Wirksamkeit bei Panik noch nicht unter Beweis stellten konnte, war dies für Reboxetin bereits möglich. Vor allem jedoch punktet Reboxetin bei der (in Deutschland) zugelassenen Indikation Depression. Wie Montgomery an wissenschaftlichen Studien veranschaulichte, wirkt Reboxetin selbst dort, wo viele andere Maßnahmen bereits versagt haben: bei stationär behandelten meist schwer depressiv erkrankten Personen. Und noch weitere attraktive Seiten von Reboxetin benannte der britische Depressionsexperte: Reboxetin ist gut verträglich und hat ein erfreulich niedriges Wechselwirkungspotential. Die Suizidgefahr ist gering. Im Vergleich zu SSRI spielen Übelkeit und Sexualstörungen eine unbedeutendere Rolle.

Letzteres ist insofern wichtig, als fast die Hälfte aller Depressiven auch unbehandelt über Sexualstörungen berichten. Männer sind häufiger (55 Prozent) als Frauen (44 Prozent) betroffen. Diese bislang unbekannte Tatsache ermittelte eine von Prof. Dr. Koen Demyttenaere (Belgien) vorgestellte Studie an 1.283 depressiven Patienten. Die gleiche Untersuchung überraschte mit der Erkenntnis, dass „Energieverlust“ (95 Prozent aller Untersuchungsteilnehmer) dem Symptom „Stimmung“ (96 Prozent) den Rang als führendes Depressionssymptom fast streitig machte. Zu den häufigsten Symptomen gehörten in der genannten Studie auch Interessenverlust und Konzentrationsstörungen. Diese Beobachtungen sind therapeutisch relevant, da Energiemangel, Motivationsverlust und Konzentrationsstörungen auf ein spezifisch noradrenerg wirkendes Antidepressivum wie Reboxetin besonders anzusprechen scheinen. Eine erste vorläufige Auswertung der von Demyttenaere vorgestellten Studie bestätigt, dass sich Depressionen mit anhaltender Dauer einer Reboxetin-Behandlung kontinuierlich bessern. Schon nach drei- bis vierwöchiger Gabe berichten fast 60 Prozent der Reboxetin-Anwender „sehr bedeutsame“ oder „bedeutsame“ Besserungen. Nach wenigstens 10wöchiger Behandlung erhöht sich der Anteil auf rund 75 Prozent.

Zu den bislang eher stiefmütterlich behandelten Aspekten einer Depression gehören kognitive Störungen. Dabei kommen sie erschreckend häufig vor, wie das erwähnte Beispiel „Konzentrationsstörungen“ zeigt. Dass Reboxetin speziell auch das kognitive Leistungsvermögen bessert, illustrierte Prof. Dr. med. Hans-Peter Volz (Jena) durch Studien an Probanden bzw. depressiv Erkrankten.

Dem Thema „Therapie-Nonresponse“ widmete sich Prof. Dr. med. Siegfried Kasper (Wien). Anhand einer Untersuchung an 125 Patienten, die auf Fluoxetin nicht angesprochen hatten, verdeutlichte er den Nutzen eines Wechsels auf Reboxetin. Unter dem neuen Wirkprinzip verringerte sich der Hamilton-Depressionsscore von anfänglich rund 30 um mehr als die Hälfte. Kasper räumte ein, dass es unter allen Antidepressiva immer mehr oder weniger Patienten geben wird, die auf die betreffende Substanz nicht reagieren. In der Praxis tendieren viele Ärzte dazu, in einem solchen Fall erst die Dosis zu erhöhen. In einem weiteren Schritt verabreichen sie eine zusätzliche Substanz („Augmentation“). Oft wird erst als letzte Lösung ein kompletter Wechsel auf ein anderes Wirkprinzip erwogen. Wie Montgomery schmunzelnd anmerkte, fällt ein solcher Schritt psychologisch schwer. Denn niemand räume gern ein, bislang nicht das Richtige gemacht zu haben.

Nach der Pressekonferenz „Beyond SSRIs – New treatment strategies for the partial and non-responder with depression”. Veranstaltet von Pharmacia & Upjohn am 9. September 2000 in München im Rahmen des 13. ECNP-Kongresses (European College of Neuropharmacology). Vorsitz: François Meurgey. Berichterstattung: Dr. Dr. Herbert Mück